Ausstellung der Gesellschaft

Artikel vom 15. Oktober 2009 zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2013

Die Veranstaltung von Ausstellungen gehört zu den effektivsten – aber auch aufwändigsten – Möglichkeiten, die Ziele der Gesellschaft zu realisieren. Wir haben das erst einmal geschafft:

Unsere von Dr. Birgitt Borkopp-Restle und Prof. Dr. Marcell Restle kuratierte und am 08. Mai 2000 vom damaligen Ersten Vorsitzenden der Gesellschaft, Werner Joseph Pich, eröffnte Jubiläumsausstellung „Islamische Kunst aus privaten Sammlungen in Deutschland“ im Bayerischen Armeemuseum Ingolstadt.

Eröffnung
Pich gab zunächst einen kurzen Überblick über die Gründung der Gesellschaft am 18. Oktober 1989 und würdigte besonders zwei im Jahre 1997 gestorbene prominente Teilnehmer der Gründungsversammlung: Frau Dr. Leonie von Wilckens – jedem bekannt, der sich für die Kunstgeschichte der Textilien interessiert – und Herrn Dr. Dietrich H. G. Wegner, der noch heute überall dort genannt wird, wo man von den Teppichen der Belutschen spricht.

Die am 3. April 1990 ins Vereinsregister eingetragene Gesellschaft hatte sich für die Förderung der Kenntnis der islamischen Kunst viel vorgenommen. Nicht zuletzt sollte die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der islamischen Kunst unterstützt werden, und zwar anknüpfend an den „entscheidenden Anstoß“ den dafür die berühmte Ausstellung „Meisterwerke Muhammedanischer Kunst“ in München 1910 gegeben habe. Dafür erwarte er, dass sich der Freistaat Bayern im Jahre 2010 des 100-jährigen Jubiläums dieser Ausstellung, deren „Protektor“ Luitpold Prinzregent von Bayern war, gebührend erinnern solle!

Das hat im Jahr 2010 erfreulicherweise das Kulturreferat der Landeshauptstadt München mit Unterstützung vieler Institutionen, nicht zuletzt unserer Gesellschaft, übernommen.

Hier soll nicht noch einmal die weitere Entwicklung der Gesellschaft dargestellt werden; das kann man aktueller in der Ansprache zum 20-jährigen Jubiläum des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Ersten Vorsitzenden Max Leonhard nachlesen (s. unter „Geschichte der Gesellschaft“).

Pich erinnerte an den Satzungsauftrag der Gesellschaft und begründete die Notwendigkeit einer Ausstellung nicht zuletzt mit Worten des späteren Ehrenmitgliedes der Gesellschaft, Annemarie Schimmel, die in einem unverändert aktuellen Text 1995 geschrieben hatte:

Die Begegnung Europas mit der islamischen Welt hat in jüngster Zeit zu heftigen Diskussionen und Irritationen geführt. Immer wieder kommt es zu einer Verwechslung des Islam mit den als „Fundamentalismus bezeichneten Bewegungen, deren Entwicklung verständlicherweise Besorgnis auch in der westlichen Welt erweckt.

In dieser Situation ist es um so notwendiger, den Blick auf die kulturellen Werte des Islam zu richten und daran zu erinnern, wie stark unsere eigene Kultur von der des Islam beeinflusst ist.

Man müsse dem nichts hinzufügen, um Sinn und Wert einer Ausstellung islamischer Kunst zu begründen. Er gab den Besuchern dann noch einige Hinweise zum Verständnis der ausgestellten Objekte mit auf den Weg:

Ein paar Stichworte zur Islamischen Kunst
„Stünde ein Kunsthistoriker an meiner Stelle, würde er Ihnen vielleicht davon erzählen, dass die Kunstgeschichte den Prozess der Loslösung vom Eurozentrismus etwa seit dem Ende des 19. Jahrhundert bewältigt hat! Die Beschäftigung der Geisteswissenschaften mit dem Islam und seiner Kunst hat eine viel längere und nicht selten leidvolle Historie; sie kann hier nicht – vor allem nicht von mir – dargelegt werden.

Ohne den Islam gäbe es keine islamische Kunst. Oder, um es weniger banal zu sagen, der besondere Charakter der islamischen Religion prägt den Charakter dieser Kunst.“

Es folgten einige Stichworte über Leben und Wirken des Gründers der jüngsten Weltreligion, Mohammed, der um 570 in Mekka als Sohn eines nicht sehr wohlhabenden Kaufmanns zur Welt kam; er starb 632 in Medina. Von den geschilderten knappen Lebensdaten solle man mindestens behalten, dass das Jahr der Übersiedlung Mohammeds (622) zum Beginn der islamischen Zeitrechnung wurde. Die Muslime rechnen nach Mondjahren, die ca. 3% kürzer als Sonnenjahre sind.

„Der Koran, der bereits ca. 20 Jahre nach dem Tod Mohammeds kodifiziert wurde, ist die Grundlage für einige wichtige Charakteristika der islamischen Kunst. Das heilige Buch wurde nach dem Glauben der Muslime in Arabisch als eine „Kopie“ des bei Allah aufbewahrten Originals herabgesandt. Damit ist die arabische Sprache als solche göttlich, und die Niederschrift des Korans oder von Zitaten daraus verdienstvoll. Dies ist eine der Erklärungen für die Allgegenwart der Schrift in der islamischen Kunst sowie für die ganz besondere Sorgfalt und Vielfalt ihrer Wiedergabe. Die Anrufung Gottes gehört ebenso zu einem Manuskript über medizinische Sachverhalte, wie sie an der Wand eines Bauwerks, auf einer Kupferschale oder in einen Teppich geknüpft vorkommt – ohne dass die Objekte damit zu religiösen Kunstwerken würden – wie man es in vergleichbaren Fällen der westlichen Kunst annehmen müsste.

Die islamische Kunst ist gleichzeitig eine regionale und eine universale Kunst. Überall wo Muslime hin kamen – und sie eroberten in den ersten hundert Jahren nach dem Tode Mohammeds den alten Orient bis an die Grenzen Chinas – trafen sie auf alte gewachsene Kulturen; beispielsweise im Iran auf die der Sasaniden.

Die siegreichen Araber kamen überwiegend aus alter Kulturlandschaft und wirkten in den eroberten Ländern quasi als Katalysatoren; sie bewirkten eine Transformation der örtlichen Kunst und Kultur zur regional islamischen.

Faszinierend bleibt aber, dass islamische Kunst trotz regionaler Eigenständigkeiten in großartiger Einheitlichkeit und unverwechselbar als Kunst aller islamischen Völker erkennbar bleibt. Dazu trägt auch der Stellenwert des Arabischen bei: Der Koran gilt für alle Muslime in der Welt nur in der Originalsprache als authentisch; die Folge daraus für die Einheitlichkeit der Glaubenspraxis und der Kunst liegt auf der Hand“. Auch dieses Phänomen – zu dem es kaum Parallelen gebe – werde der Besucher in der Ausstellung erleben, die Objekte von Afghanistan bis Marokko vor Augen stelle.

Ein Gegensatzpaar dürfe bei diesem fragmentarischen Blick auf Besonderheiten der Islamischen Kunst nicht fehlen: „Die Islamische Kunst ist eine bildlose Kunst und dennoch voller Bilder. Damit ist das Stichwort Bilderverbot aufgerufen. Der Islam hat – wie zumindest zeitweise auch die übrigen Religionen semitischen Ursprungs – generell Vorbehalte gegenüber Bildern und Abbildungen. Die strikte Verkündigung einer monotheistischen Religion richtet sich zwangsläufig gegen eine Bilderverehrung, der die Gefahr des Götzendienstes immanent ist. Außerdem ist Allah der Schöpfer schlechthin. Bei der orientalischen Mentalität, die Unterscheidung zwischen Abgebildetem und Abbildung gelegentlich zu vernachlässigen, würde der Mensch mit der Schöpfermonopol Allahs unbotmäßig konkurrieren.

Das „Bilderverbot“ bezieht sich vor allem auf plastische Darstellungen, nie jedoch auf die Wiedergabe von Landschaften oder Pflanzen. Es gilt strikt in religiösen Bauten; dort ist allein der Schmuck durch geometrische Ornamente oder Schrift („Arabeske und Kalligraphie“) erlaubt. Außerhalb – etwa für Miniaturen, Keramik, Metallarbeiten oder Textilien – suchte man nach einer Konzeption, die lediglich die Idee eines menschlichen oder tierischen Wesens, nicht sein Abbild wiedergab.

Islam bedeutet Unterwerfung unter den Willen Gottes; das gilt sowohl für den einzelnen Menschen wie für die Gemeinschaft. Die Religion ist allgegenwärtig. Es gibt weder einen Unterschied von „Kirche und Staat“, noch zwischen „hoher Kunst und Kunstgewerbe“, wie ihn die Kunstgeschichte in den westlichen Kulturen herausstilisiert hat. Wenn sich – außerhalb der anonymen Volkskunst und selten genug – einmal ein Handwerker zu erkennen gibt, sieht er sich meist als Knecht Allahs, nicht als jemand, der sich über andere hinausheben möchte“.

Medienecho
Es gab eine Reihe von Zeitungsberichten in der regionalen Presse; so berichtete z.B. der Donaukurier am 9. Mai 2000 (Auszug):

„Bis Mitte Oktober ist im Armeemuseum noch ein Ausstellung zu besichtigen, die dem ersten Anschein nach gar nicht so recht dort hin gehört. „Islamische Kunst aus privaten Sammlungen in Deutschland“ lautet der Titel was mit bayerischer Militärtradition zunächst rein gar nichts zu tun hat.

Doch gibt es zwischen diesen beiden Bereichen durchaus gewisse Anknüpfungspunkte wie Museumsdirektor Dr. Ernst Aichner bei der gestrigen Eröffnung vor zahlreichen Gästen darlegte. Zunächst würden in einem historischen Museum auch Kunstwerke nach dem dokumentarischen Wert beurteilt und ausgestellt. Daher werde islamische Kunst im Armeemuseum unter dem. Oberbegriff „Türkenbeute“ betrachtet. Damit soll daran erinnert werden, dass die bayerische Armee über Jahrhunderte hinweg einen wesentlichen Anteil an der Abwehr und Zurückdrängung der Türken aus Europa gehabt habe.

Oberbürgermeister Peter Schnell erinnerte daran, dass es allein in Ingolstadt über 7000 türkische Mitbürger gebe. Er rief dazu auf, diese in ihrer Eigenheit, ihrem Glauben und ihrer Kultur zu respektieren. Nur der tolerante Umgang der Kulturen untereinander sichere dauerhaft den Frieden und sei der bessere Weg zur Gestaltung der Zukunft.

Die Idee zur Ausstellung stamme von der „Gesellschaft der Freunde islamischer Kunst“ [und Kultur] mit Sitz in München, erklärte deren Vorsitzender Werner Joseph Pich. Für den vor zehn Jahren gegründetem Verein sei diese Ausstellung ein Höhepunkt in seiner Arbeit. Könne das Armeemuseum damit zumindest temporär seine Bestände um sonst selten ausgestellte Objekte erweitern, sehe der Verein darin die Chance, Mitglieder und Förderer zu werben.

Pich erinnerte daran, dass jeder fünfte Mensch auf der Welt der islamischen Glaubensgemeinschaft angehört. Allerdings wüssten die Europäer sehr wenig darüber, ganz im Gegenteil komme es immer wieder zu Verwechslungen und Irritationen. Daher sei gerade eine solche Ausstellung von großem Wert“.

Als Beispiele aus der überregionalen Presse sei die Weltkunst (August 2000, S. 139) zitiert:

„Die etwa 150, bislang großenteils unveröffentlichten Exponate aus den unterschiedlichen Bereichen stammen aus Sammlungen der Mitglieder der Gesellschaft.

Anliegen der Gesellschaft ist, das Wissen um die islamische Kunst und Kultur zu fördern und damit einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten. So findet der Besucher aus Ländern von Marokko bis Indien zum Thema Buchkunst frühe Koranabschriften, reich verzierte Koranständer, prächtig gestaltete Buchdeckel, Manuskripte und Miniaturen, fein ziselierte Papierscheren und anderes Schreibzubehör. Dazu kommen Münzen, Schalen, Wasserbecken und -kannen, Leuchter, Glasobjekte, Schilde und Waffen. Bemerkenswert unter den Keramiken und Fliesen ist ein wohl aus einem Sakralbau stammender quadratischer Ziegel aus dem Osmanischen Reich des 15. Jh., dessen Inschrift dem Format angepasst ist und in eckigem Schriftduktus in der Mitte den Namen Allah und darum herum die Namen Ali und Muhammad trägt. Vorbild für seine Gestaltung waren möglicherweise chinesische Siegel. Einflüsse aus den vom Islam eroberten Ländern aufzunehmen und in etwas eigenes zu transformatieren ist typisch für die islamische Kunst, was auch an andere Stücken deutlich wird. Schmuck und Textilien – darunter eine Reihe Suzani – bilden einen weiteren Ausstellungsschwerpunkt. Aus den Beständen des Bayerischen Armeemuseums, zu dessen Schätzen seit Gründung 1879 auch Objekte islamischer Kunst vornehmlich aus der Türkenbeute zählen, ist ein kostbarer, großformatiger osmanischer Floralkelim aus dem 17. Jh. hinzugefügt. – Karin Adrian von Roques.

Das britische Magazin HALI. Carpet, Textile and Islamic Art. Issue 110. May-June 2000, p. 33. berichtete:

(…) Ten years ago, the Gesellschaft der Freunde islamischer Kunst und Kultur (…) was founded in order to promote knowledge of Islamic art and understanding of its historical and cultural context. To celebrate the society’s 10th anniversary it was decided to mount a special exhibition of objects from the very personal collections of the society’s members.

The Bayerisches Armeemuseum in Ingolstadt, near Munich, may at first seem a rather odd venue for an exhibition of Islamic Art. But among the Museum’s treasures is one of the splendid Ottoman sultan’s tents captured during the wars against the Turks at the end of the 17th century, as well as a large whiteground Ottoman kilim (newly conserved) used in one of those tents – these will be on show anlogside the special exhibition.

Of course, the exhibition cannot hope to represent the whole panorama of Islamic art or even a major part of it. The scope has thus been defined by the interests and individual tastes of the collectors. One of the two galleries is dedicated to textiles, among which embroderies will feature prominently.

Dramatic Uzbek suzanis (cover), Turkish towels embroidered in gold, silver, and coloured silks, medieval silks from Central Asia with patterns brocaded in gold, and Ottoman velvets represent the long and varied tradition of textile art in the Islamic countries. One of the most interesting objects is a hanging made for a tent window, worked in woollen cloth in a kind of intarsia technique.

Ceramics will include objects from northern Afghanistan, Nishapur ware from Iran, Seljuk bowls and tiles and Turkish tiles from the high Ottoman period. Among metalwok objects there are 13th century bronzes form Iraq, Syria and Egypt and precious ewers form Afghanistan. A small collection of coins will complete the picture.

The arts of the book are represented by fine calligraphies, carved and painted Qur’an stands and delicate calligrapher’s tools.

Most of the objects have never been published before. Some certainly rank among the masterpieces of their type; others – this must be said – may not always meet the standards of artistic quality expected of great museums collections, but are of special interest to scholars for their dates and provenance.

A catalogue in the form of a special edition of the society’s journal, with texts by Dr. Volkmar Enderlein and Dr Gisela Helmecke of the Berlin Museum für Islamische Kunst, provides detailed descriptions and full color illustrations if all objects on show.

Ausstellungskatalog
Der ausführliche und reich bebildete Katalog der Ausstellung mit einem (unbezeichneten) Vorwort von Professor Dr. Marcell Restle ist bei der Gesellschaft noch erhältlich; s. unter „Publikationen„.