Der Islam gehört zu Deutschland

Artikel vom 2. März 2019 zuletzt aktualisiert am 15. März 2019

Der Satz ist für jemanden, der mit offenem Herzen und offenen Augen durch die Welt geht, eine Binsenwahrheit. Für andere, die ihre Wurzeln nur in christlich/jüdischen Traditionen verorten, stößt er immer noch auf große Skepsis. Wer nicht nach rechts oder links schaut, kümmert sich nicht darum; er sieht nur sich selbst und strebt danach, eigene Werte zu verwirklichen. Pluralistische Gesellschaft.

Zum Thema kommt ein Buch mit eben diesem Titel auf denTisch, das sich mit einem Schuss Ironie, aber durchaus auch provozierend als„Gedenkband zu Ehren von Heimatminister a.D. Horst Seehofer“ – der ja beiAmtsantritt seine abweichende Meinung äußerte – vorstellt. Geschrieben ist esvon Dr.-Ing. Yavuz Özoguz, der als Muslim nicht nur einen großen Verlag fürislamische Literatur * führt, sondern auch seit vielen Jahren alsHalal-Zertifizierer in Deutschland und Österreich unterwegs war.

Auf seinen Dienstreisen besuchte und fotografierte der Autor „Historische Spuren der Muslime“, insgesamt fast 80 Orte, wo er teils bekannte, teils unbekannte Gebäude, Denkmäler, Museen, Friedhöfe und Parks, mit einer Menge Einzelobjekten fand und beschreibt. Manche waren bereits Ziel von Exkursionen der Gesellschaft, wie z.B. in Dresden die Türckische Cammer oder die Yenidze, das dortige Damaskuszimmer im Japanischen Palais oder das Türkische Bad im Schloss Albrechtsberg. Aber wer kennt die Moscheestrasse in Zossen, das Teppichmuseum Tönsmann in Espelkamp oder die Gräber von Mustafa in Lemgo, das von Liman von Sanders in Darmstadt, das von Annemarie Schimmel in Bonn oder das Grab von Hammer-Purgstall in Klosterneuburg? Wenn Marcus Pilz in seinem Aufsatz über die osmanische Fahne in der Münchner Frauenkirche in EOTHEN VI eine kaum ähnliche in Augsburg erwähnt, in Özoguz’ Buch kann man sie sehen. Sehr kurz streift der Autor die Bilder Mohammeds im  Münchner Maximilianeum, denen Gabriele Siegmund-Mairinger ebenfalls in EOTHEN VI einen ausführlichen Aufsatz widmet. Zwar sind wir in München verwöhnt, was das Auffinden orientalischer Landmarken betrifft, hat doch unser Mitglied Stefan Wimmer in „München und der Orient“ eine überaus reichhaltige Sammlung vorgelegt. Wenige kommen auch in Üzoguz’ Buch vor, immerhin fand noch zwei weitere, ein „Kinderspielhaus mit Halbmond für Prinzen“ im Park von Schloss Nymphenburg (im Buch beschrieben) und – als Nachtrag per Mail –  eine bisher nur in einer alten Münchner Zeitung aufgetauchte „Fürstenhäuser Moschee in der Schellingstraße“ >>  http://www.eslam.de/begriffe/f/fuerstenhaeuser-moschee_in_muenchen.htm „In der „Münchner Illustrierte Zeitung, 11. Jahrgang, Nummer 16, 18. April 1909, Seite 242“, die mir im Original vorliegt, ist jene Abbildung dargestellt, die in dem Link zu sehen ist. Nun ist es kaum vorstellbar, dass ausgerechnet eine Münchner Illustrierte eine Moschee aus München mit Adresse abbildet, die es gar nicht gibt. Andererseits habe ich an keiner anderen Stelle irgendetwas über jene Moschee finden können, auch nicht darüber, dass König Ludwig II. sie erbaut haben soll. Sollten Sie darüber mehr Informationen haben, wäre ich sehr dankbar für weitere Hinweise“. Diese Bitte des Autors kann ich hier gleich weitergeben.

Das Buch ist insgesamt sehr anregend, wenn auch manchenBeiträgen ihre Entstehung als Reiseskizzen anzumerken ist.

Verwandte Literatur unserer Mitglieder:

– Joachim Gierlichs – Annette Hagedorn, Verlag Philipp vonZabern, Mainz 2004 Islamische Kunst inDeutschland (in Deutsch und Englisch)

– Stefan Jakob Wimmer, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i.Allgäu 2012, München und der Orient

– Stephen Vernoit (Hrsg.), I.B.Tauris, London 2000 Discovering Islamic Art, darin Annette Hagedorn The Development of Islamic Art History in Germany in the Nineteenth and Early Twentieth Century


* Der Verlag ESLAMICA http://www.eslamica.de , dessen Geschäfte die Brüder Özoguz mit einem weiteren Herrn in Bremen leiten, hat seit den achtziger Jahren als größter schiitischer Verlag ca. 80 Publikationen für Erwachsene und Kinder mit speziellen islamischen Themen, meist Übersetzungen aus dem Arabischen und Persischen, sowie Kalender herausgebracht. Außerdem  wird als Online-Produkt die Enzyklopädie des Islam www.eslam.de angeboten.

Der Islam gehört zu Deutschland. Historische Spuren der Muslime inDeutschland und Österreich, Verlag Eslamica Bremen 2018, Hardcover 141 SS,sehr zahlreiche farb. Abb., ISBN 978-3-946179-15-3, 19,00€