Lorenz Korn: Die Moschee

Artikel vom 14. Mai 2012 zuletzt aktualisiert am 27. April 2013

Die Reihe „C.H.Beck ≡ „WISSEN“ ist nun auf 500 Bände angewachsen – eine Bibliothek der Bildung, wie sie kaum ihresgleichen findet. „Alles, was man wissen muß (…)“, urteilte einmal Burkhard Müller in der Süddeutschen Zeitung, jemand der wegen seiner „Blitzhellen Zeitgenossenschaft“ mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik 2008 ausgezeichnet wurde.

Moschee Penzberg

Das von Müller ausgesprochene Urteil über die Reihe lässt sich voll und ganz auf das Buch Die Moschee. Architektur und religiöses Leben von Lorenz Korn, Professor für Islamische Kunstgeschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg – und Mitglied unserer Gesellschaft – übertragen: Was hier auf 120 Seiten gesagt wird, sollte man über die Moschee wissen, doch ist das trotz des beschränkten Umfang des Taschenbuchs keinesfalls zu wenig.

Der Autor gliedert die Informationen in fünf Kapitel: Einleitung, Frühzeit, Klassische Periode, Siegeszug der Kuppel, Von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart. Weder Kühnel (1949/1974) auf rd. 50 Seiten, noch Vogt-Göknil (1978) auf rd. 190 Seiten – beide von Korn in den Literaturhinweisen als „Vorläufer“ für kurze Einführungen ins Thema erwähnt – bringen in derart präziser Weise das Wesen der Moschee als „Bethaus der Muslime“ auf den Punkt: „Abgrenzung nach außen, Ausrichtung nach Mekka und kultische Reinheit“. In der Einleitung werden dann Namensgebungen und andere wichtige Begriffe geklärt, die notwendige Einrichtung und mögliche symbolische Bedeutungen der Form erläutert sowie einige Termini technici verständlich gemacht. Die Einleitung stellt sämtliche wesentlichen – für alle geltende – Charakteristika dieses Architekturtyps so dar, dass man sie während der folgenden Lektüre stets vor Augen hat.

Moschee Penzberg. Inneraum mit Mihrab (phot. WJP)

In Gombricher Manier stellt Korn die Bauwerke in einen Traditionszusammenhang, es werden – in Zeit oder Region logisch aufeinander aufbauend – in den vier folgenden Kapiteln alle in der islamischen Welt und in Europa vorkommenden Bauformen der Moschee behandelt. Stilrückgriffe einerseits oder Gemeinsamkeiten über Räume hinweg andererseits, lassen gestalterische Abhängigkeiten, auch herrschafts- oder ethnographischer Art, verständlich erscheinen. Gestalterische Anforderungen können sich auch aus sich wandelnder Einstellung zum Ritus (z.B. Freitagsgebet) ergeben.

Der Leser wird getragen von einem sich einleuchtend fortentwickelnden Gedankenfluss, der mit dem Haus Muhammads in Arabien beginnt und bei der Moschee in Penzberg in Oberbayern endet.

Wohltuend ist der Verzicht auf jegliche Fußnoten; der Autor sagt im eigentlichen Text was er weiß oder meint, begründet seine Aussagen, wenn es erforderlich ist oder räumt ein, dass es im einen oder anderen Punkt noch Unklarheiten gibt. Halbsätze lassen erkennen, dass ein Seitenthema nicht vergessen ist, doch im hier eingeschränkten Umfang nicht behandelt werden kann.

Die Darstellung der Architekturgeschichte lässt keine Wünsche übrig, doch weckt die Erwähnung des „religiösen Lebens“ im Untertitel Erwartungen an das Buch, die nicht erfüllt werden (können). Zwar werden die Anforderungen an Besuch und Nutzung der Moschee oder die Stellung der Frauen im „Gottesdienst“ kurz angesprochen, doch erfährt man weder Einzelheiten zum Amt des Imams noch über den Ablauf des Ritus, etwa die Abfolge der Gebetshaltungen oder die Auswahl von Texten; letztes gehört zwar auch zum Gebet außerhalb des Gebetsraumes, doch könnte man es angesichts des Titel erwarten.

Lorenz Korn Die Moschee
Lorenz Korn Die Moschee

Im Text wird der Einfluss islamischer Rechtsschulen erwähnt, doch wird der sicher nicht von jedem Leser richtig gedeutete Begriff nicht erläutert; im auch sonst erweiterungsfähigen Glossar wäre dafür noch Platz gewesen. Korn erwähnt in den Literaturhinweise die begrenzte Anzahl an Literatur zu einzelnen Moscheen. Wenn auch sehr speziell, hätte man die Festschrift zum 750-jährigen Jubiläum der Moschee von Divrgi „Divrigi Ulu Camii ve Darüssifasi“ (1978) oder das Monumentalwerk des Ägyptischen Ministeriums für die geistliche Stiftungen „The Mosques of Egyt from 21 H. (641) to 1365 H. (1946)“, erschienen 1948, erwähnen können. Für die nächste Auflage kann man eine Berichtigung auf S. 18 vormerken; die dort erwähnte Abbildung hat die Nummer 23.

Doch hindern solche Marginalien nicht, das Buch als ein kleines Meisterwerk in den Beck’schen Bildungreihen zu bezeichnen!

Lorenz Korn: Die Moschee. Architektur und religiöses Leben. C.H.Beck WISSEN, München 2012, 128 Seiten, 60 Abbildungen, davon 23 in Farbe, 2 Karten, brosch. ISBN 978-3-406-63332-4, 8,95 €. Bereits 2008 erschien vom selben Autor in der Reihe C.H.Beck WISSEN der Band Geschichte der Islamischen Kunst 142 Seiten, 53 Abbildungen davon 20 in Farbe, brosch., ISBN 978-3-406-56970-8, 8,95 €.