Bericht über die Exkursion nach Ising: Präsentation der Filzteppiche von Herrn Günthner am 25.10.25

Artikel vom 10. November 2025 aktualisiert am 10. November 2025


Im Rahmen des Programms der Gesellschaft der Freunde Islamischer Kunst und Kultur fuhr eine kleine Gruppe von Mitgliedern zu einer Teppich-Ausstellung nach Ising am Chiemsee.
Im Hause von Eva Steinbacher und Berthold Günthner wurden die Teilnehmer zur Einstimmung und Stärkung an eine gedeckte Tafel mit Erfrischungen gebeten, bevor ein detaillierter Bildervortrag von Herrn Günthner begann, einem Experten für Filzteppiche, von denen er zahlreiche Exemplare auf seinen Reisen in den Orient ausfindig machte und erwarb und trotz schwieriger Umstände in sein bayerisches Domizil transportierte.
Im Vortrag wurden zunächst die Methoden der Filzherstellung erklärt; z.B. ist das Nassfilzen, die älteste Technik, die bis ins Jahr 6000 v.Ch. nachgewiesen werden konnte. Zur Herstellung wird vorwiegend Wolle von Schafen gekämmt und durch Klopfen mit Stöcken gereinigt. Bei der traditionellen Herstellung werden Wasser und Seifenlauge benötigt. Mit Druck und Reibung werden die Fasern bearbeitet, wodurch sie sich ineinander unlösbar verbinden. Während des Walk-Vorgangs wird der Filz in die gewünschte Form gebracht.
Die Herstellung von handgefertigten Filzteppichen wird noch in Kirgisistan, Pakistan, Iran, Marokko, Afghanistan und in der Türkei gepflegt. Genau erklärt wurde die arbeitsintensive Methode der Herstellung der kirgisischen Shyrdaks, quasi eine Intarsienarbeit. Es sind doppelt genähte Filzteppiche mit ausdrucksvollen Motiven aus der Tier- und Pflanzenwelt, z.B. verzieren abstrahierte Vogelschwingen, Schafbockhörner, aber auch Formen, die individueller Fantasie entspringen, die Shyrdaks. Dabei werden z.B. zwei Lagen Filz aufeinandergelegt, Ornamente aufgezeichnet und ausgeschnitten. Von den Ornamenten gibt es zwei identische in unterschiedlicher Farbe, also Positiv- und Negativformen, die in vielfältiger Weise kombiniert werden. Die Formen werden aneinandergenäht und auf einer Unterlage befestigt. Zu den beutenden kirgisischen Arbeiten gehören auch die Ala-kiyiz Filz-teppiche zum Bestandteil des kulturellen Erbes. Mit den Shyrdaks stehen sie auf der Liste des gefährdeten immateriellen Kulturerbes.
Der Höhepunkt bestand in der Präsentation der großartigen Exemplare aus der vielfältigen Sammlung von Berthold Günthner, der keine Mühe scheute, auch die schwersten Ballen großer Teppiche unterschiedlicher Herkunft und Herstellungsart zu entrollen. Filzteppiche haben den Vorteil, kälteisolierend, feuchtigkeitsregulierend und schalldämpfend zu sein. Aufgrund des sterbenden Nomadenlebens ist die
Produktion für den Bedarf reduziert, aber die Nachfrage in Europa nimmt zu. Heute verwendet man verschiedene Materialien, auch synthetische.
Die Gastgeberin Eva Steinbacher erfreute die Teilnehmer zum Ausklang des hochinteressanten Nachmittags mit Kaffee, Tee und köstlichem Apfelstrudel. Dem Ehepaar Steinbacher/Günthner herzlichen Dank!

von Frau Anne Hielscher