Exkursion nach Athen vom 18.-21. November 2016

Artikel vom 13. Januar 2017

Athen und die Kunst des Islam? Nicht von vorneherein tut sich da eine Verbindung auf, verknüpft sich doch in erster Linie die klassische Kunst der Antike mit Athen. So war es auch die Wiege des Abendlandes, die wir erkundeten, doch für Spürnasen gab es dennoch zahlreiche Hinweise, die von der osmanischen Vergangenheit der Stadt von 1453-1821 künden.

Tzistarakis-Moschee von 1759 auf dem Monastiraki-Platz
Tzistarakis-Moschee von 1759 auf dem Monastiraki-Platz

Vom Flugplatz mit der Linie 3 zum Monastiraki-Platz, mit der Rolltreppe hinauf, und schon begegnet uns im Licht der Sonne eine der erhaltenen Moscheen der Stadt, direkt neben der antiken Bibliothek des Hadrian. Heute wird die Tzistarakis-Moschee von 1759 als Museum für die Keramiksammlung V. Kyriazopoulos genutzt. Ganz in der Nähe befindet sich die Fethije-Moschee, 1668-1670 errichtet, an der nördlichen Seite der antiken römischen Agora. Jetzt dient sie als Lagerplatz für Funde aus den Ausgrabungen.

Über eine Bazarstraße gelangen wir schnell zu unserer Unterkunft, zum Hotel Plaka, für drei Nächte unsere äußerst angenehme, zentral gelegene Herberge. Nachmittags treffen wir uns im Islamischen Museum und sind erstaunt über die wunderbare abbasidische Keramik. Die Dynastie der Abbasiden löste 750 die Umayyaden in der Regierung des Kalifats ab. Für viele von uns aufregend sind die oft golden schimmernden Lüsterfassungen, die ockergelbe Polychromie, die Tier- und figürlichen Darstellungen. Bereits die Eingangshalle zieren qualitätvolle Buchara-Susanis, algerische Stickereien, Holzschnitzereien mit Arabesken. Stockwerk für Stockwerk begegnen uns interessante Exponate bis zum Ende der osmanischen Herrschaft. Das Café der Dachterrasse ermöglichte einen ersten Blick auf die Akropolis bei Sonnenuntergang.

Dachterrasse des Islamischen Museums mit Blick auf die Akropolis
Dachterrasse des Islamischen Museums mit Blick auf die Akropolis

Der Abendvortrag im Hotel von Dr. Bastian, einem in Athen lebenden Manager aus Franken, breitete uns die ganze Problematik der wirtschaftlichen Situation Griechenlands aus. Von aktuelleren Nachrichten überdeckt, schwelt weiterhin die Krise, so wie sie uns alle hautnah im Sommer 2015 berührte. Nur wenige Lichtblicke sind zu verzeichnen, die griechische Bevölkerung leidet unter Armut, überall begegnen auch uns Bettler, geschlossene Geschäfte, dringend der Restaurierung bedürftige Denkmäler. Wie verstrickt die Lage ist, noch verschärft durch die 68 000 Flüchtlinge, die keine Chance auf Integrierung im Land haben, konnte uns Dr. Bastian nahe bringen. Auswege sind nur in kleinen Ansätzen in Sicht.Das erst 2009 eröffnete neue Akropolismuseum besuchten wir am nächsten

Türkischer Wasserverkäufer am Monastiraki-Platz
Türkischer Wasserverkäufer am Monastiraki-Platz

Morgen. Es ist als Architektur aber auch wegen seiner Museumstechnik spektakulär: Die Führung machte uns vertraut mit der griechischen Kunstgeschichte. Noch leichter nachvollziehbar war das Schicksal der Akropolis durch ein Video im obersten Stockwerk des Hauses. Der Bau des Museums ist eng mit der Forderung nach Rückgabe des Parthenon-Frieses aus England verbunden. 1801, als Athen noch zum osmanischen Reich gehörte, hatte sich der britische Botschafter in Konstantinopel Lord Elgin eine Genehmigung verschafft, herumliegende Fundstücke von der Akropolis mitzunehmen. Er demontierte einen Großteil des Parthenonfrieses, zahlreiche Metopen, fast alle Giebelfiguren, dazu noch eine Karyatide des Erechtheion . Seit 1816 befinden sich die Werke im British Museum London. Im obersten Stockwerk des Akropolismuseums, im Parthenonsaal, wollte man den Fries zunächst mit Lücken präsentieren, entschied sich aber dann doch für Gipskopien. Museal lässt sich der Parthenonfries auf Augenhöhe, die Metopen hoch über dem Kopf umschreiten, durch die

Kapnikarea-Kirche, byzantinische Kirche an der „Odos Ermou“
Kapnikarea-Kirche, byzantinische Kirche an der „Odos Ermou“

Glasfenster im Angesicht des Tempels auf der Akropolis und der Stadt Athen, das ist ebenso atemberaubend wie die vielen weiteren Skulpturen aus archaischer, klassischer und hellenistischer Antike!

Wer sich am Sonntag das Frühstück sparte, konnte in dem unserem Hotel nahe gelegenen byzantinischen Kirchlein Kapnikarea aus dem 11. Jahrhundert einen festlichen orthodoxen Gottesdienst verfolgen. Chorgesänge, der Anblick der Fresken aus unterschiedlichen Jahrhunderten im Kerzenschein, die festlich gekleideten Popen und der Weihrauch umhüllten uns mit einer mystischen Stimmung, die uns noch durch den ganzen Tag trug.

Aufmarsch der griechischen Garde zum Syntagma-Platz
Aufmarsch der griechischen Garde zum Syntagma-Platz

Auf dem Weg zum Benaki-Museum begegnete uns zufällig der Aufmarsch der griechischen Garde zum Syntagma-Platz, Militärmusik inklusive. Die bunten Uniformen, auf einen Entwurf der Gemahlin König Ottos I. aus Bayern Amalia zurückgehend, erinnern an die Osmanen. Denn die Tracht mit der „Fustanella“, dem kurzen weißen Rock mit 400 Falten, spiegelt die 400 Jahre andauernde Türkenherrschaft über Griechenland.

Das Benaki-Museum, 1843 gegründet, überwältigt durch seinen reichen Bestand aus der Sammlung der Dynastie der reichen griechischen Familie Benakis. Das größte private Museum Griechenlands führt die Besucher durch alle Epochen der griechischen Kultur. Für uns besonders interessant war die umfangreiche Sammlung asiatischer Kunst, vor allem Textilien und Trachten, aber auch ganze vertäfelte Räume, samt Einrichtungen. Selbst El Greco war mit zwei Werken in der byzantinischen Abteilung vertreten, an denen sich gut die malerische Entwicklung des Meisters aus Kreta ablesen ließ. Den Nachmittag verbrachten die meisten im archäologischen Nationalmuseum, das mit Highlights aus der Antike aufwartet.

Gut, dass wir gerade noch dem Lufthansastreik entkamen: Der Montagvormittag war gemeinsamen Gesprächen im Café oder auf dem Markt gewidmet. Mit einem kleinen „Gästebuch“, in dem sich alle 17 Mitreisenden verewigten, dankten wir Max Leonhard, der sich großartig um uns gekümmert hat, bei allem Freiraum, den er uns ließ entsprechend unterschiedlicher Interessenslagen. Die gemeinsamen Abendessen oder Café-Besuche waren äußerst angenehme Gelegenheiten, wieder mit den Freunden zu sprechen.
Dr. Ulrike Besch