Erste arabische Lesestücke

Artikel vom 19. Oktober 2017 zuletzt aktualisiert am 27. Oktober 2017

Der Verlag
dtv gehört zu den größten unabhängigen Publikumsverlagen im deutschsprachigen Raum und ist regelmäßig auf den Spitzenplätzen der Bestsellerlisten vertreten.

1960 ursprünglich als reiner Taschenbuchverlag für Zweitveröffentlichungen gegründet, stellte dtv im September 1961 die ersten „eigenen“ neun Titel vor: Nummer 1 – und seitdem ununterbrochen lieferbar – ist Heinrich Bölls ‚Irisches Tagebuch‘. Heute bringt dtv rund 70 Prozent aller Neuerscheinungen als Erstveröffentlichungen heraus und publiziert in allen Formaten vom Hardcover über das Paperback bis zum Taschenbuch. Jährlich erscheinen etwa 400 Titel.

Zu den Kooperationsverlagen gehören neben unserem Mitglied C.H.Beck fünf andere bedeutende Verlage.

Die Reihe
dtv zweisprachig ist eine innovative Reihe von Taschenbüchern, die z.Zt. 119 Bände umfasst. Die Texte sind abwechselnd, d.h. auf gegenüberliegenden Seiten, auf Deutsch und der gewünschten Fremdsprache gedruckt. Vertreten sind derzeit Chinesisch (2), Englisch (32), Französisch (17), Griechisch (1), Italienisch (18), Lateinisch (5), Polnisch (1), Portugiesisch (3), Russisch (9), Spanisch (13) und Türkisch (2). Die Bände unterscheiden sich im Schwierigkeitsniveau und sind so den individuellen Sprachkenntnissen des Lesers angepasst. Es finden sich u,a, Märchen, kurze Geschichten, Anekdoten, Reime, Sprichwörter und Witze, für Einsteiger, Fortgeschrittene und Könner.

Der Neue
Als 119. Band sind nun „Erste arabische Lesestücke“ erschienen, bei dem natürlich die Texte – wie es bei den anderen drei Sprachen, die ihre eigene Schrift mitbringen, der Fall ist – zunächst in arabischer Schrift, dann – bisher erstmalig – in wissenschaftlicher Transkription in lateinischer Schrift (hier in der Hauptsache den Konventionen der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft folgend) und auf der nächsten Seite auf Deutsch gedruckt sind. Als weiteres Element, das nicht nur schmückendes Beiwerk ist, kommen noch zehn kalligraphische Darstellungen der Texte hinzu; sie zu lesen bedarf besonderer Übung, doch helfen hier der nebenstehende arabische Text und die Transkription. Man ist sehr damit einverstanden, dass die Kalligraphie „von der traditionellen Sorte“ ist; heute gibt es ja leider „am Markt“ jede Menge kitschige Abwege.

Das schöne Buch zu lesen ist auch für jemanden bereichernd, der des Arabischen nicht mächtig ist. Die Quellen, aus denen die vereinigten Herausgeber schöpfen, sind tief wie das Meer, ob Weltliteratur, Spruchweisheit, Alltagswitz und -erfahrung oder Kochrezept; unter der Prämisse „erste“ Lesestücke wird eine Versammlung belehrender und vergnüglicher Texte vorgelegt, die man sich schon lange vor Ende des Buches als mindestens doppelt so umfangreich wünscht – was natürlich im ersten Anlauf illusorisch erscheint, aber vielleicht mal in einen zweiten Band mit erhöhter Schwierigkeitsstufe mündet. Die Texte und ihre Auswahl überraschen und erfreuen von Seite zu Seite. Die Sorgfalt der Darstellung ist beeindruckend und das, was man mangels Kenntnis des Arabischen und seiner Schrift nicht beurteilen kann, nimmt man dank der kundigen Herausgeber ohne weiteres als zutreffend an. Das bezieht sich natürlich ganz dezidiert auch auf die wunderschöne Kalligraphie.

Was wohl als Charakteristikum der Reihe besonders gut gefällt ist, dass alle Hinweis- und Erklärungstexte in der Sprache vorkommen, der sich das Buch widmet; damit gibt es auch gleich in eher technischen Belangen etwas zu Lernen. Da sich unter den Texten auch einige in Versform befinden, erfährt man gleich einiges über verschiedene Versmaße. Ein bekanntes arabisches Lied wird im Ausschnitt mit Noten vorgeführt.

Die Zielguppe
Im Anhang wird ausführlich dargestellt, an welche Zielgruppe sich das Buch richtet; das sind ganz allgemein zunächst alle, „die mit dem Arabischen als Fremdsprache zu tun haben und erste originalsprachliche Texte in ihrem literarischen Kontext kennenlernen wollen“. Die Texte sind speziell in Schulen, Willkommensklassen, Sprachlernklassen, im mehrsprachigen Unterricht sowie im akademischen Arabischunterricht einsetzbar. Ebenso denkt der Verlag daran, „arabische Mutttersprachler einzuladen, die Texte zum Deutschlernen zu verwenden, und dazu ihren deutschen Gesprächspartnern die Vielfalt und Schönheit ihrer eigenen Sprache vorzustellen. Gerade in der derzeitigen unruhigen politischen Situation möchten wir so einen kleinen und unbeschwerten Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion und zum Brückenbau zwischen den Kulturen und Literaturen leisten“. Insbesondere die letzten Gedanken haben die Gesellschaft bewogen, im Einklang mit ihrer Satzung, die Herausgabe durch einen finanziellen Beitrag zu unterstützen (was natürlich im Buch vermerkt ist).

Die Herausgeber
– An erster Stelle steht die uns seit langem bekannte Claudia Ott, aus deren Büchern (die wichtigsten sind in dieser Website besprochen) eine Reihe von Textausschnitten stammen; hier hat man nun Gelegenheit, diese Texte in ihrer Originalsprache kennen zu lernen.
Ihre kundigen Helfer waren
– Salim Alafenisch, Sohn eines Beduinenscheichs, der in Heidelberg Ethnologie, Soziologie und Psychologie studierte und einige Texte für dieses Buch sowie Bücher über das Leben der Beduinen in der Wüste geschrieben hat.
– Antje Lenora, Arabistin und Mitarbeiterin am Spracheninstitut der Universität Erlangen.
– Zuheir Elia, gebürtiger Syrer, der als Übersetzer, Regisseur und Kalligraph in Deutschland lebt und Kurse in arabischer Kalligraphie gibt.

Das Taschenbuch
hat 187 Seiten, ist mit 10 Seiten Kalligraphie geschmückt, hat die ISBN 978-3-423-09537-2 und kostet 11,90 €. Der Anhang bietet noch Vorbemerkungen zur Transkription und eine Übersicht über die nach Textart unterschiedlichen Transkriptionsstufen. Dazu gibt es noch Erläuterungen zur Aussprache der im Deutschen unbekannten Laute, zur Form der arabischen Gedichte, ausführliche Quellenangaben zu den Texten und ein „Dankeschön“ an weitere Helfer.

Wer einen Vortrag (47 Minuten) unsers Mitglieds Prof. Dr. Andreas Kaplony aus der Reihe BASISWISSEN ISLAM 2016 über die Araber und ihre Sprache anhören möchte, hat dazu hier Gelegenheit >>> https://videoonline.edu.lmu.de/de/node/8347 „Von Marokko bis Usbekistan: wer sind eigentlich die Araber?“