Die Sammlung Preetorius im Museum Fünf Kontinente – Buchmalereien aus dem turko-persischen Raum

Artikel vom 10. September 2025

Mandana Bender, M.A., München:

Frau Bender stellte ihr laufendes Dissertationsprojekt (Betreuerin: Prof. Dr. Ilse Sturkenboom, LMU München) vor und gab einen Einblick in ihre Forschung und den turko-persischen Teil der Sammlung. Emil Preetorius war eine bekannte Münchner Persönlichkeit im frühen 20. Jahrhundert, der nach seinem Tod 1973 jedoch leider ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Frau Bender stellte zunächst Vita und Sammlerpersönlichkeit vor und ging dann auf die Sammlung und deren Geschichte sowie auf ausgewählte Objekte ein.

Seine Sammlung verkaufte er im Jahr 1960 im Gegenzug für eine Leibrente an den Freistaat Bayern, da es für ihn zeitlebens wichtig war, dass seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich und für die Nachwelt bewahrt werden sollte, da er der Überzeugung war, dass für eine funktionierende Gesellschaft kulturelle Bildung sowie die Kenntnis von Kunst und Kultur anderer Länder essenziell ist. Dies war sicherlich auch einer der Gründe dafür, dass er neben Asiatika Buchmalereien sammelte.

Der größte Wunsch und eine für damalige Verhältnisse sehr zukunftsweisende Ansicht von Preetorius war es, seine Sammlung neben den Alten Meistern in der Alten Pinakothek zu präsentieren, da ihm zufolge nur so Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen unterschiedlichen Kulturen und Kunstrichtungen erkannt werden könnten und man so als Betrachter seinen Horizont erweitern könnte. Dies spiegelt auch Emil Preetorius‘ Kunstverständnis wider, welches von interdisziplinärem Austausch und interkulturellem Dialog geprägt war und eine strenge Stilgeschichte ablehnte und vielmehr die Schaffensabsicht des Künstlers in den Mittelpunkt stellte. Seine Sammlung ist daher auch Ausdruck seines Kunstverständnisses.

Im weiteren Verlauf des Vortrags zeigte Frau Bender Beispiele für Preetorius’ Illustrationen, Bucheinbände und Bühnenbilder, wobei sie den Zusammenhang zwischen seiner grafischen und bühnenbildnerischen Tätigkeit sowie seiner Sammlung besonders hervorhebt.

Besonders hervorzuheben sei hier ein Blatt, welches eine Darstellung Rostams, des großen Helden des Šāh-nāma, zeigt, denn hier finden sich unerwartete und spannende Zusammenhänge: Preetorius, ein Experte zu Richard Wagner und seinen Opern, wusste sicherlich, dass Richard Wagner ein großer Liebhaber persischer Literatur war und sich eine Zeit lang eingehender mit den Heldentaten Rostams auseinandersetzte. Sicherlich hat Wagner dabei Parallelen zu Siegfried aus der Nibelungensage gesehen, den man als Pendant zu Rostam sehen kann. Wagner wollte zudem eine Oper zu Rostams Taten konzipieren, was jedoch leider nicht verwirklicht wurde. Nichtsdestotrotz vermutete Frau Bender, dass Preetorius aus diesem Grund das Blatt erwarb, besonders da sich in der Sammlung drei weitere Darstellungen Rostams finden.

Auch ging sie ausführlich auf die sechs Handschriften der Sammlung ein, die bei einer Katalogisierung des Nachlasses entdeckt wurden: Dabei ist das Zafar-nāma besonders erwähnenswert: Dieses Buch, welches die Geschichte über die Eroberungen von Timur (1336-1405) festhält, beinhaltete ursprünglich 17 Illustrationen und ein doppelseitiges illuminiertes Frontispiz, von denen sich heute lediglich 4 Illustrationen, das Frontispiz und das Manuskript selbst im Museum Fünf Kontinente befinden. 2 Illustrationen wurden 1929 durch den Münchner Kunsthändler Günther Franke, bei dem Emil Preetorius im Februar 1929 eine Ausstellung von persischen Buchmalereien hatte, an das Victoria und Albert Museum in London verkauft, wo sie sich noch heute befinden.

Frau Bender beendete ihren Vortrag mit dem Hinweis, dass es in der Sammlung Preetorius wie auch in vielen anderen Sammlungen islamischer Kunst leider auch problematische Objekte gibt, die von findigen Händlern in den damaligen Umschlagplätzen für Kunst aus der islamisch geprägten Region wie Istanbul, Kairo oder Teheran ausschließlich für den europäischen Markt hergestellt wurden und den europäischen Sammlern oder Kunsthändlern, die oftmals nicht der Sprache mächtig waren und daher nicht die Texte auf den Malereien lesen konnten, angeboten und verkauft wurden. Solche Objekte fallen dadurch auf, dass beispielsweise Text und Darstellung nicht übereinstimmen oder dass manche Buchstaben im Textfeld abgeschnitten sind.

Ihr Vortrag gab den Zuhörern einen umfassenden Einblick in die Sammlung und die Sammlerpersönlichkeit von Emil Preetorius und unterstrich, wie wichtig auch heute noch ein interkultureller Ansatz für die Kunst- und Kulturbetrachtung ist, Preetorius in dieser Hinsicht seiner Zeit voraus war und er als Sammlerpersönlichkeit zeigt, dass die Förderung von kultureller Bildung gerade in Zeiten des (politischen) Wandels höchst relevant ist. (M.Bender)